Hier segelten schon die alten Römer: Ersegeln Sie Geschichte und Geschichten im Norden Istriens
Pula liegt an der Spitze der kroatischen Halbinsel Istrien. Ein wunderbarer, geschützter Hafen, zahlreiche Strände und Ruinen aus der Römerzeit machen das 60.000-Einwohner-Küstenstädtchen zum Ausgangspunkt wunderschöner Urlaubstage mit der Charteryacht. Vor allem wenn man nicht am Wasser, sondern auf dem Wasser, genauer gesagt in der Marina Veruda nächtigt. Nur wenige Kilometer außerhalb des quirligen Stadtzentrums gelegen, ist die weite, geschützte Bucht eines ehemaligen Fischerörtchens der perfekte Startpunkt für einen einmaligen und unvergesslichen City-Segel-Törn.
Die Marina Veruda besitzt 630 Liegeplätze für Schiffe bis 40 m und einem Tiefgang bis zu maximal 4 Metern an 18 Stegen. Beliebt ist die Marina u.a. auch bei Yachtcharter Flottenbetreibern, die ein umfangreiches Angebot an Yachten bieten. Jede Menge Segelyachten und Katamarane warten hier auf Segler für einen Törn durch das traumhafte Revier. Die Marina ist ein sicherer Zufluchtsort vor allen Winden und das perfekte Tor zur Adria:
Unter Seglern fristet die Westküste Istriens eher ein Schattendasein. Zu schön ist die Inselwelt weiter südlich, von den Kornaten ganz zu schweigen. Warum aber nicht am Kap Kamenjak, der Südspitze Istriens an Bord gehen, und den Törnschwerpunkt einmal auf Sightseeing statt Inselhopping legen? Gesagt, getan. Und um es gleich vorweg zu nehmen: das Motto lautet „Bummeln statt Bora!“. Unterstützung erfahren wir während dem Chartertörn von dem einheimischen Skipper Milan. Er kennt das Revier wie seine Westentasche und führt uns zu ganz besonderen und interessanten Hotspots.
Die Kulisse erinnert an einen dieser romantisch-kitschigen Hollywood-Blockbuster. Die untergehende Sonne taucht den Nationalpark Brijuni in ein glänzend-goldenes Licht. Windstille. Die Adria liegt da wie ein Spiegel. Die historischen Villen zeugen von der Blütezeit dieser Trauminsel, als sich die Oberen Zehntausend der Gesellschaft hier auf dem damals längsten und angeblich auch schwersten Golfplatz Europas vergnügten.
In den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts gab sich der internationale Geldadel auf Veli Brijun die Klinke in die Hand. 1947 erklärte der jugoslawische Staats- und Parteichef Josip Broz Tito (* 7. Mai 1892 - † 4. Mai 1980) die Insel mit ihren Hotel- und Villenkomplexen zu seiner Sommerresidenz und empfing hier über Jahrzehnte – streng abgeschirmt von der Öffentlichkeit – Staatsmänner und Hollywoodgrößen. Seit 1983 bringen Fähren Touristen aus Pula und Fazana nach Brijuni, wo sie neben dem bekannten Tiergehege auch versteinerte Dinosaurier-Fußabdrücke, beeindruckende römische Ausgrabungen, einen jahrhundertealten Olivenbaum, das Tito-Museum inklusive seinem geliebten Cadillac Eldorado und einen Unterwasser-Lehrpfad besichtigen und genießen können.
Der größte Luxus, den man heute als Gast dieses atemberaubenden Archipels genießen kann, ist die Ruhe nach dem Ansturm der Tagesgäste. Eben diese bereits beschriebene Abendstimmung. Wenn die Möwen lachen und Rehe und Hasen den Golfplatz bevölkern. Wenn die „Otto-Normal-Verbraucher“ längst wieder ans Festland zurückgekehrt sind und nur noch wenige Hotelgäste, einige Segler und Motoryachtbesatzungen den 36 Quadratkilometer großen Nationalpark mit seinen 14 Inselchen bevölkern. Dann ist Brijuni plötzlich wieder das, was es über Jahrzehnte war: ein exklusives Wellness-Resort für einige Wenige!
Wer sich rechtzeitig um einen Liegeplatz kümmert, auch mal etwas tiefer in die Bordkasse greifen möchte und idealerweise auch noch einen einheimischen Skipper zum Verhandeln hat, kann auch in der Hochsaison einen der wenigen Liegeplätze in der gut geschützten Hafenbucht Sveti Mikula, direkt gegenüber der sozialistisch anmutenden Hotelkomplexe Neptun und Karmen, reservieren.
Ein Zwischenstopp zum Baden und Schnorcheln vor der Verige-Bucht an der Südseite des 5,7 Quadratkilometer großen Brijuni-Islands sorgt für beste Urlaubsstimmung, der Rundgang durch den fantastischen Nationalpark in der Abendsonne gehört zu diesen Momenten, die man ganz tief in seinem Seglerherz abspeichern kann. Und der Eintritt ist in den Liegegebühren inbegriffen, was die rund 200 Euro pro Nacht für einen 15 Meter Katamaran dann doch schnell rechtfertigt.
Unser nächstes Ziel liegt exakt 26 Seemeilen entfernt, sagt uns die Navigations-App. Schon beim Frühstück reserviert unser „Local-Skipper“ Milan einen Liegeplatz in der Stadt-Marina von Porec, selbst Anfang Juni zum Start der Saison ein unbedingtes Muss. Denn die Liegeplätze sind knapp, gerade für Boote über 45 Fuß und Katamarane geht ohne Anmeldung eigentlich gar nichts. So ist um 11 Uhr im Grunde alles geklärt, bis auf das Wetter.
Denn dieses bereitet Sorgen. Beim Auslaufen gegen 11 Uhr ist alles perfekt, konstante drei bis vier Beaufort bringen die Segel schön in Form und ermöglichen auch das Abschalten des Motors. Doch da braut sich langsam was zusammen. Gleich drei Gewitterfronten – ein vom Festland, eine von Venedig kommend und eine aus Richtung Süden – drehen sich immer wieder im Kreis, um dann doch scheinbar in Richtung Porec zu wandern.
Eine Delfinfamilie lenkt uns von allen Wetterprognosen gekonnt ab, doch die drei oder auch vier Flipper sind ebenso schnell verschwunden, wie sie am Bott aufgetaucht waren. Eine Abkühlung bei angenehmen 26 Grad Luft und 23 Grad Wassertemperatur lassen wir uns zur Mittagszeit trotzdem nicht nehmen, aufgrund der tückischen Strömung bauen wir uns mit einer langen Leine aber eine Art Swimmingpool rund um unsere Badeplattform. Sicher ist sicher!
Später – nach einem eleganten Anlagemanöver in der ganzjährig geöffneten Stadtmarina von Porec – genießen wir die Annehmlichkeiten dieses etwas anderen Segeltörns. Der anliegende Kiesstrand bietet Gelegenheit für die unterschiedlichsten Wassersportvergnügen, in der Hafenkneipe „Grill Skipper“ werden Pläne für den Abend geschmiedet.
Die größte Pizza Istriens im „Stari Saloon“ ist dabei ebenso im Angebot wie der beste Gin Tonic in der Turmbar des „Torre Rotonda“ mit herrlicher Aussicht und der beste Solo-Straßenmusiker im Lande. Eben die perfekte Kombination aus Segeln und Sightseeing.
Dass man beim Segeln – wo auch immer – auch ein Spielball der Naturgewalten sind kann, zeigt sich dann am nächsten Morgen. Es ist dicht bewölkt, der Wind weht böig aus den unterschiedlichsten Richtungen. Was aber noch nicht das größte Problem ist. Obwohl es trocken ist, blitzt und donnert es im Minutentakt. 20.000 Blitze werden an diesem Tag allein in Istrien registriert, ein neuer Rekord wie wir später aus den Nachrichten erfahren werden.
Deshalb ist die Entscheidung schnell und einstimmig getroffen: Wir verlängern unseren Porec-Aufenthalt, besuchen die Altstadt inklusive der Euphrasius-Basilika aus dem 6. Jahrhundert, einer der bedeutendsten Sakralbauten Kroatiens.
Am Abend beruhigt sich das Wetter, doch die Bordküche bleibt kalt. Bei einer Flasche Collis, Trinitas 2015, aus einem bekannten Weinanbaugebiet nahe dem Städtchen Rovinj, und istrischen Spezialitäten, wie weißen Trüffeln, frischen Muscheln und Garnelen aus dem nur wenige Kilometer entfernten Limski Fjord und frisch gebackenem Brot mit feinstem, lokalem Olivenöl blicken die Crew der „Fregate“, so der Name unserer 2018 gefertigten Dufour 520 GL, in die nahe Zukunft. Der Wetterbericht ermöglicht uns aller Voraussicht nach einen langen Schlag in die gerade bei Seglern sehr beliebte Maracol-Bucht auf dem Inselchen Unije.
Auf diesen 62 Seemeilen und bei konstanten 3 bis 5 Windstärken kann unsere gecharterte Yacht dann erstmals ihre ganze Leistungsfähigkeit ausspielen. Wir starten früh am Morgen, frühstücken in aller Ruhe auf der großen Liegefläche im Schatten der Segel und passieren mit sechs bis acht Knoten den Limski Kanal, genießen die herrlichen Blicke auf Rovinj und Pula. Seglerherz, was willst Du mehr!
Am Nachmittag machen wir an einer Boje fest, stoßen nach einem Snack auf einen Geburtstag an und setzen am Abend mit dem Dinghi ans Festland über, um dort nach einem 20-minütigen Spaziergang über den Bergrücken im Dörfchen Unije mit einem Bierchen den perfekten Segeltag ausklingen zu lassen.
Der Höhepunkt aus seglerischer Sicht wartet dann am nächsten Morgen auf uns. 15 bis 20 Knoten Südwestwind lassen den 17-Seemeilen-Törn nach Mali Lošinj wie im Fluge vergehen, die perfekten Konditionen krönen wir durch einige Extraschläge – ohne jeglichen Raumgewinn, nur eben so zum Spaß!
Mali Lošinj mit seiner kleinen, aber feinen Marina und den vielen Bars, Cafés und Restaurants bietet am Abend genau das, was Urlaub ausmacht. Gute Einkaufsmöglichkeiten, gemütliche Ecken und Plätze, bestes Essen mit lokalen Zutaten, viel Live-Musik und noch mehr nette und entspannte Menschen. Lediglich der bevorstehende finale Schlag am nächsten Tag zurück nach Pula drückt etwas auf die Stimmung der Crew, ein paar Tage mehr könnte man zwischen Istrien und Kvarner Bucht schon noch aushalten.
Könnte Glockentürme besteigen, wunderbare Aussichten und das glasklare Wasser genießen, köstliche Gerichte und erlesenen Weine bestellen und dazwischen immer mal wieder in die für Anfang Juni erstaunlich warme Adria springen. Aber es hilft alles nichts: Die 50 Seemeilen von Mali Lošinj zurück nach Pula fahren wir unter Motor, da uns der Wind direkt ins Gesicht bläst die unregelmäßige Dünung dem ein oder anderen Passagier an Bord doch etwas auf den Magen schläft.
Noch schnell in der Marina Pula Veruda vollgetankt, geduscht und zum finalen Crew-Dinner ins Stadtzentrum nach Pula inklusive Rundgang und einem Fläschchen Rotwein im beeindruckenden Colosseum, dem Wahrzeichen Pulas. Ja, selbst die alten Römer würden es wohl nicht anders machen: „Dolce farniente“ nach traumhaften Segeltagen in dieser geschichtsträchtigen und unvergesslichen Ferienregion.
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